Schlacht bei Dossenbach am 27.April '1848
Auf dem
hiesigen. Friedhof steht ein schlichtes Denkmal, das an die Gefallenen des
Gefechtes bei Dossenbach zwischen den Herweghschen Freischaren und der
Kompagnie des 6. württembergischen Infantrie-Regimentes erinnert. Es trägt
folgende Inschrift: Hier ruhen zehn Männer der Herwegh'schen Freischar
gefallen im Kampfe am 27.April 1848. Namen und Heimat konnten nur ermittelt
werden von Ordemann aus Oldenburg, Karl Musecker und Richard
Schimmelpfennig aus Preußen-Friede ihrem Andenken! Zwar ist der 27.April
1848 nicht in die Weltgeschichte eingegangen, und doch ist; dieses Datum ein
Steinchen in dem Mosaik der Revolution in unserem badischen Lande.
Wie kam es
nun zu dieser Schlacht bei Dossenbach? Diesem Bericht liegen Aufzeichnungen
aus dem „104. Neujahrsblatt der Gesellschaft zur Beförderung des Guten und
Gemeinnützigen“ zugrunde, außerdem wurden mündliche Überlieferungen einiger
Einwohner verwendet. Die Herwegh'schen Freischaren- oder wie sie eigentlich
richti6 hieß "Deutsche demokratische Legion" -rekrutierte sich aus
Handwerkern und deutschen Demokraten, die in Paris ihr Handwerk ausübten.
Ihnen schlossen sich Gesinnungsgenossen von auswärts an, unter ihnen auch
der hessische Schulmeister Wilhelm Liebknecht, der in der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts einer der besten Führer der deutschen Sozialdemokraten
geworden ist. Eine plötzliche Krankheit hinderte ihn jedoch daran, an dem
Marsch der Legion teilzunehmen Mehrere tausend Legionäre traten von Paris
aus einen Fußmarsch nach Straßburg an, sie erhielten pro Tag von der
französischen Regierung einen Franken und freies Quartier. Am 22.April
überschritt dann die Legion,
die auf
rund tausend Mann zusammengeschmolzen war, denn viele Männer hatten sich nur
deshalb dem Zuge angeschlossen, um kostenlos in die Heimat zu kommen, bei
Klein-Kems den Rhein. Man marschierte über Blansingen, Tannenkirch nach
Kandern- Hier wolle man sich mit Hecker vereinigen Doch man kam zu spät,
Heckers Truppen waren geschlagen. "Die wurden deshalb ratig sich mit Siegel
zu vereinigen, den man mit seiner Truppe in Todtnau wähnte. Mit ihm wollte
Herwegh gemeinsam den Vormarsch nach Freiburg unternehmen. So zog denn die
Legion „östlich am Blauen und nördliche am Belchen vorbei“ Todtnau zu. In
Wieden jedoch erreichte sie die Nachricht, daß auch Sigel und seine Mannen
aufgerieben waren. Außerdem erfuhr man in Wieden, daß Todtnau von
Württembergischen Soldaten besetzt sei, deren Vorposten schon in Schönau
standen. Die Strapazen des langen Marsches durch Eis und Schnee hatte stark
an der Moral der Freischärler und an Ihren Kräften gezehrt. Es blieb also
nur ein Rückzug in die Schweiz übrig. Säckingen und Rheinfelden kamen
hierfür als Grenzübergangsstellen in Frage. Am 26. April zog die Legion von
Wieden gegen Zell. „Die Anstrengung im tief verschneiten Gebirge waren jetzt
fast noch furchtbarer als gestern“ so berichtet der Chronist. Auch die
Verpflegung muß sehr unzureichend gewesen sein.
Der weitere Weg führte über Zell, Hasel nach Dossenbach, wo man Am 27. April
gegen 8Uhr 30 eintraf. Dieser Marsch hatte die Männer der Legion Bedenklich
mitgenommen. Übermüdet, entkräftet und hungrig trafen Die 65oLegionäre in
Dossenbach ein. Hier benahm man sich allerdings als Sieger und forderte von
der Einwohnerschaft eine gute Bewirtung. Doch lassen wir den Chronisten hier
selbst sprechen: „Ich hatte das Glück noch einen Augenzeugen dieses
Ereignisses zu finden, den ehrwürdigen
86 jährigen Bürger Albert Gentner, der mit einer erstaunlichen
Sicherheit und Klarheit mir das ganze Gefecht an Ort und Stelle
auseinandersetzte.
In Dossenbach vernahmen die Legionäre, „daß diesen Morgen noch gar nicht
lange, ein Reitergeschwader und kurz drauf eine Infanteriekompagnie von
Schopfheim durch das Dorf nach Schwörstadt marschiert sei. Diesedie Führer
aufs höchste beunruhigende Kunde hinderte jedoch die Menge von Legionären
nicht, beim Marsch durch das Dorf hängen zu bleiben und sich an Speisen und
Getränken dort gütlich zu tun. Mit viel Mühe und Zeitverlust gelang es
endlich den Führern, die Säumig Hollwangerhof in Marsch zu setzen. Mit viel
Mühe und Zeitverlust gelang es endlich den Führern, die Säumigen in Richtung
Hollwangerhof in Marsch zu setzen. Die Spitze hatte Inzwischen bereits den
Hollwanger Wald erreicht und sich dort gelagert. Die ganze Marschkolonne war
bereits über zwei Kilometer in die Länge gezogen. Man musste neuerdings halt
machen. Es ging nicht anders, die Übermüdung war zu groß. Mann mußte der
erschöpften Mannschaft schon wieder ein Atemholen gewähren, wollte man nicht
die ganze Kolonne vollkommen auseinanderfallen lassen. Aber die Ordnung war
so sehr gelockert und die Marschkolonne so weit auseinander gezogen, daß
deren Ende noch ganz nahe bei Dossenbach war. In dieser halben Auflösung
verpflegten sich die Freischärler und gaben sich der Ruhe hin, die ganze
Legion zählte noch etwa 650 Mann. Mit langen hallenden Schlägen verkündete
die Kirchturmuhr unten Im Dorf die zehnte Stunde.
Da
wird plötzlich das Lagerleben durch Schüsse gestört, die ganz am Ende der
Kolonne am südwestlichen Dorfrand fallen. Die Wache, welche die Legion dort
aufgestellt hatte feuerte auf eine Patrouille, die unversehens vom
Maiengrind her auf der freien Ebene erschien. Diese Soldaten gehörten zu den
Württembergern, die am Morgen durch Oberdossenbach Marschiert waren. Zur
6.Kompanie des &. Württembergischen Infanterieregiments, desselben übrigens,
aus dem Herwegh einst desertiert war. Diese Kompanie hatte in Schwörstadt
den Befehl zum Rückmarsch nach Schofheim erhalten, die Reiterei war bereits
in Richtung Basel weitergezogen.
Im
Einzelnen berichtet nun der Chronist: „In Niederdossenbach, noch keine halbe
Stunde nach Beginn des Rückmarsches, erhält der Kompaniekommandant, als er
bereits am Berghang oben die Kirchturmspitze von Oberdossenbach aufsteigen
sieht, von einem Bauern die Nachricht, daß jene Ortschaft von Freischärlern
besetzt sei. Mit welchem Gegner er es zu tun hat weiß Hauptmann Lipp nicht.,
denn bei den Württembergern ist der Einfall der Pariser Legion noch
unbekannt. Nur eines steht ihm fest, der Weg nach Schopfheim ist der
Kompanie verlegt, und die befohlene Rückkehr muß deshalb gewaltsam erzwungen
werden. Die halbe Kompanie rückt gefechtsbereit gegen Oberdossenbach vor,
der Rest bleibt als Reserve in Niederdossenbach zurück. Der Vormarsch
beginnt. Bald Stößt, wie uns bereits bekannt die Patrouille Links auf der
Anhöhe mit dem Feind zusammen. Nach kurzem Feuergefecht, das den
Freischärlern zwei Tote kostet, weichen die Soldaten der Patrouille vor der
Übermacht und ziehen sich zurück. Im Tal hat man wegen des Windes wegen
nichts von den Schüssen gehört, aber Hauptmann Lipp hat einen Soldaten auf
der Höhe erblickt, der mit den Händen winkend ihm anzeigt, daß und wo sich
die Gefahr nahe. Jetzt trifft er die Anordnungen zum Gefecht, er selbst mit
einem Teil der Kompanie verläßt die Straße und geht links auf die Höhe
hinauf, die andere Hälfte, die bis dahin in Niederdossenbach geblieben,
greift unter einem Leutnant rittlings der Straße von unten her
Oberdossenbach an.
Zu Pferde
erreicht Hauptmann Lipp die Hochebene und kann sich hier einen guten
Überblick über die Lage verschaffen: Oberdossenbach ist vom Feinde frei. Er
beordert desshalb die ganze Mannschaft zu sich. Die überraschten Freischaren
lassen ihm zur Ausführung dieses Entschusses Zeit. Ihr „General Börnstein „–
ein ehemaliger österreichischer Feldwebel Versagt vollständig, „ denn außer
einem Mächtigen Schnurrbart besitzt er keine Militärischen Eigenschaften“.
Wohl stürzt, sobald die ersten Schüsse Knallen Die Demokratische Legion mit
Rute „Aux armes!“ zu den Waffen, stürmt mit großer Tapferkeit den Soldaten
entgegen. Allein anstatt diesenVorstoß bis zum Rande der Hochebene
fortzusetzen, weicht sie dem sofort einsetzenden Feuer der Württemberger
bald wieder gegen den Wald hin und zurück und beschränkt sich auf eine
ungeordnete und aufgeregte Knallerei, die keinen Schaden anrichtet. Dadurch
wird es dem Hauptmann Lipp möglich, seine gesummte Mannschaft in einer
breiten Schützenlinie auseinander zuziehen. Korrekt wie auf dem
Exerzierplatz beschießen die Württemberger den Feind, der ihnen auf der
„Bloßhalde“ in mehreren hundert Meter Entfernung gegenüberliegt. Es kommt
ihnen zu gut, daß sich in ihrer Eigenen Stellung, sie trägt den Flurnamen
Höhhande, vortreffliche Deckungen finden: Steinhaufen die Bauern bei der
Säuberung ihrer Felder zusammengetragen haben. Das Feuer der Württemberger
setzt den Freischärlern gewaltig zu. Langsam werden sich die Führer der
Legion nun doch ihrer zahlenmäßigen Übermacht bewußt, sie wollen den Feind
umklammern und in das Tal zurückwerfen. Der linke Flügel der Freischärler
rückt bis an das Dorf heran, den Hauptstoß sollte jedoch der rechte Flügel
führen. Hier standen die Sensenmänner unter dem Kommando des ehemaligen
preußischen Offiziers Reinhard von Schimmelpfennig.
Der
Chronist berichtet: Weit springt mit gezogenem Säbel der stattliche Offizier
seinen Scharen voran. Der Hauptmann Lipp ist bisher ganz gelassen Auf seinem
Schimmel hinter der Schützenlinie auf – und abgeritten, die Soldaten zu
ruhigem Feuern ermahnend. Kaum aber hat er jetzt heranstürmenden
Schimmelpfennig erblickt, so zieht er auch den Degen und sprengt auf ihn
los. Und nun entspinnt sich zwischen den beiden Führern ein Gefecht auf
Leben und Tod. Ganz wie im Altertum lassen die anderen Streiter die Waffen
sinken und folgen in höchster Anspannung all ihrer Sinne dem aufregenden
Zweikampf. Hart klingen die Hieb und Prade die Waffen aneinander, bis
schließlich es Schimmelpfennig gelingt, dem Kompanieführer mit einem
Säbelhieb vier Finger der rechten Hand durchzuschlagen. Der Hauptmann muss
die Waffe sinken lassen. Damit ist der Bann gebrochen, der Freischärler und
Soldaten gefangen hielt. Ein Sensenmann stürzt sich auf den Verwundeten und
verletzte ihn auch an der linken Hand doch schon sind einige der Soldaten
Ihrem verwundeten Offizier zu Hilfe gekommen und machen Schimmelpfennig
nieder.
Der Führer
war gefallen. Die Kirchenglocke hatte kaum die Mittagsstunde verkündet, da
ertönte noch zu allem Überfluß im Rückender Sensenmänner
Trompetengeschmetter und Gewehrfeuer. Damit war auch ihr Kampfgeist
gebrochen. Die Württemberger erhielten Verstärkung: „Denn bald erschien von
Schopfheim her in Oberdossenbach ein ganzes Bataillon, nachher folgten
Reiter und gar noch Infanterie.
Der
Rückzug der Legion artete zu einer wilden Flucht aus. Die Soldaten Machten
regelrecht Jagt auf die flüchtenden Freischärler. Mehrere von Ihnen wurden
tagelang von den Dossenbacher Bauern versteckt gehalten, andere versuchten
über die Schweizer Grenze zu kommen, doch diese war bereits bis Reinfelden
von Soldaten besetzt. Am besten erging es den Freischärlern die sich sofort
nach Maulburg wandten und denen es gelang, durch das noch nicht besetzte
Wiesenthal bei Riehen die Schweizer Grenze zu überschreiten. Am gleiche Tag
noch um 10 ½ Uhr abends, trat der Herwegh’sche General Karl Börnstein mit
dem Bataillonsführe Löwenfels dort über. Tags darauf erreichte Adalbert von
Bornstedt mit 30 Mann ebenfalls die Grenze. Es war höchste Zeit gewesen,
denn am Abend des gleichen 28. April war den Wüttembergern die Grenze nach
Riehen gesperrt und 394 Teilnehmer am Herweghzug gerieten in Gefangenschaft.
Viele von Ihnen waren verwundet.
Mehrere
Verwundete hatten die Württemberger schon während des Gefechtes auf einem
Wagen nach Dossenbach hineinführen lassen, den sie samt dem dazugehörigen
Bauern im Dorfe beigetrieben hatten. Dem guten Landmann scheint diese
Verwendung seiner Person nicht zugesagt haben, denn unten an die Rechnung
für seine Bemühungen schrieb er: „Sodann für große Todesangst ausgestanden,
da viele Kugeln herumpfiffen, glaubt nicht zu viel hierfür anzurechnen, tut
3 Gulden.“ Die Legion verlor in diesem Gefecht an die dreißig Tote. Von
ihnen liegen zehn auf dem hiesigen Friedhof. Die Württemberger zählten nur
zwei Verwundete, den Hauptmann und den Leutnant.
Unter den
fliehenden Freischärlern befanden sich auch ihr oberster Führer Georg
Herwegh, den Kampf um die Freiheit er in unzähligen Liedern Besungen, und er
hat auch sicher in diesen Freiheitsgedichten den revolutionären Tonseiner
Zeit getroffen. Bei Dossenbach hätte er die Möglichkeit gehabt „zu sterben
mit dem Donnerruf: Der Freiheit eine Gasse“ Doch erzog die Flucht vor.
Hierüber
berichtet der Chronist: „Noch war das Gefecht bei Dossenbach nicht vorbei,
an den sich Herwegh nur insofern beteiligt hatte, daß er weit Hinter der
Kampflinie die Munition hatte auspacken lassen, als er, begleitet von seiner
Frau, den Reisewagen bald im Stich lassend, zu Fuß die Flucht ergriff, auf
Waldwegen Rheinfelden zu. Etwa dreißig Legionäre deckten seine Flucht, die
ihn nach Karsau führte. Dort hielten Herwegh und seine Frau sich zuerst in
einem Saatfeld verborgen., bis sie ein Bauer in seinem Hause verbarg.
Bei einer
Hausdurchsuchung württembergische Ulanen blieb das Paar unentdeckt. Erst
nach Sonnenuntergang konnte die Flucht fortgesetzt werden. Der Bauer fuhr
mit seinem Ochsenwagen auf der Hautstraße Rheinfelden zu und hieß die beiden
ihm zu folgen. In ihrer Verkleidung als Bauersleute gelang es ihnen, am
württembergischen Posten vorbei über die Brücke in Rheinfelden in Sicherheit
zu kommen. Ein Salon-Revolutzer ist Herwegh bis zu seinem Tode im Jahre 1875
geblieben. Nach seinem Wunsch ist er in Liestal begraben worden, dort wurde
auch 1904 ein Denkmal errichtet.
“In
Dossenbach ziert nur ein Felsblock die Grabstätte der Gefallenen. Bis Anfang
der dreißiger Jahre trafen sich hier am 1.Mai Gewerkschaftler und
Sozialdemokraten und legten einen Kranz mit einer schwarz-rot-goldenen
Schleife nieder.